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Elektrische Beschleuniger

Für elektrische Beschleuniger wie Spulen- und Schienenkanonen braucht es eine leistungsfähige Energiequelle. Für kleine Anlagen ist hierfür eine Kondensatorbank gut geeignet. Bei der Planung der Bank hat die Wahl zwischen Kondensatoren kleiner Kapazität und hoher Spannung oder umgekehrt, d.h. Kondensatoren hoher Kapazität aber mit kleiner Spannung.
Aus verschiedenen Gründen (Preis, Impulsdauer) wird bei diesem Gerät die zweite Version bevorzugt.
Das Gerät beinhaltet drei Experimente:

 
1: Railgun        
2. Railgun mit Plasmaarmatur        
3. Elektrothermischer Beschleuniger        
 
Die Kondensatorbank:
Die Kondensatorbank besteht aus zehn lektrolytkondensatoren, sechs mit einer Kapazität von 10000 mF und vier mit einer Kapazität von 6800 µF alle mit einer Betriebsspannung von 350V. Die Gesamtkapazität der Bank beträgt somit 87200 µF und speichert bei voller Ladespannung eine Energie von ca. 5350 Joule.Da die Kondensatoren schon alt (Sep. 1991) sind und gute 15 Jahre in einer Ecke im Keller verbrachten wurden sie erst auf ihre Kapazität getestet und über einen 1 kOhm Widerstand auf 20 V aufgeladen. Und siehe da , die aus der Ladekurve errechnete Kapazität entspricht recht gut den aufgedruckten Werten.
Der Entladeschalter muss sehr leistungsfähig sein da mit Strömen über 10 kA gerechnet werden muss. Hier wird ein Ignitron eingesetzt, links im Bild. Der Typ >NL7703< von National Electronics verträgt Ströme bis 100 kA. Zur Triggerung des Ignitrons wird ein kurzer Puls von 20..30 Ampere benötigt der mit einer Kondensatorentladung erzeugt wird. Vor dem Ignitron ist die blaue Rogowskispule zur Strommessung zu sehen
Die Ladespannung für die Kondensatoren wird aus dem 220V Netz über einen Trenntrafo mit Gleichrichtern erzeugt und beträgt ca. 330V. Aus der gleichen Spannung wird auch der 4 µF Kondensator für den Triggerpuls geladen. Die Ladespannung wird über einen Relaiskontakt auf die Bank geschaltet und auch für den Triggerpuls wird als Schalter ein Relais verwendet. Ein kleiner Hilfstrafo erzeugt die Spannung zum Ansteuern der Relais.
Für einen ersten Test wurde die Railgun kurzgeschlossen und die auf 100 V geladene Bank entladen. Bei einem Entladestrom von 6 Kiloampere werden durch den Funkenflug schlechte Verschraubungen sofort sichtbar. Im rechten Bild sind es zwei Stellen. Oben der Kurzschluss an der Railgun und unten an der Verbindung der Kondensatorbank.
Nach dem Nachziehen der Schrauben war dann alles in Ordnung.
Noch ein Wort zu Warnung. Die Gewindelöcher in den Anschlusspolen der Elkos sind empfindlich da die Pole aus relativ weichem Aluminium bestehen. Wird hier zu stark angezogen reissen die Gewinde leicht aus, vor Allem wenn die Schraube zu kurz ist und das Gewindeloch nicht ganz ausfüllt. Hat man einen Drehmomentschlüssel tut man gut daran das in den Daten der Elkos angegebene maximale Drehmoment zu berücksichtigen. Für M5 Anschlüsse beträgt das maximale Drehmoment 2 Nm bei >Kemetkondensatoren<. Das wird sich bei anderen Herstellern nicht groß unterscheiden.
Eine eingebaute Rogowskispule (140 Wdg) erlaubt eine Abschätzung des Entladestroms. Die Spule wurde mit der Kondensatorbank bei niedrigen (30..70V) Spannungen und einem Serienwiderstand kalibiert. Wegen der niedrigen Spannung wurde als Schalter nicht das eingebaute Ignitron verwendet sondern ein externer Thyristor (Eupec T588N06). Der Serienmesswiderstand hat einen Wert von einem Milliohm.
Unten die Messwerte und rechts ein Oszibild der Stromimpulse. Durch Vergleich der Shunt- mit der Rogowskispannung kann der Kalibrationsfaktor der Spule mit 46 A/mV bestimmt werden. Wie man sieht steigt der Entladestrom linear mit der Ladespannung. Man kann erwarten das der reale Entladungskreis sich ähnlich verhält und somit der Entladestrom mit 350V Ladespannung bei etwa 15 Kiloampere liegen wird.
ULade (V) UShunt (V) IEntlade (A) URogowski (mV) Kalibr. (A/mV)
30 1,27 1270 28 45,5
40 1,7 1700 39 43,7
50 2,1 2100 46 45,7
60 2,6 2600 54 48,3
70 3,0 3000 63 47,6
         
1: Railgun:  

Die Railgun ist als "Serial Augmented System" mit zwei Wicklungen ausgelegt. Zusätzlich zu den inneren Schienen sind zwei weitere äußere Stromschienen angebracht. Diese äußeren Schienen erhöhen das Magnetfeld ohne das der Strom durch die Bürsten des Geschosses größert wird. Auch wird dadurch die Impedanz erhöht und ist etwas besser an die doch niedrige Kapazität angepasst.

Um Fräsarbeit zu umgehen wurde die Struktur der Railgun aus einzelnen Schichten aufgebaut wie in der rechten Zeichnung zu sehen ist. Zwei Stäbe aus Delrin (POM) begrenzen oben und unten den Kanal indem das Geschoss beschleunigt wird. Die rechte und die linke Seite des Kanals bilden Kupferstreifen 15 x 2 mm. Auf diesen Streifen liegen zwei weitere Kupferstreifen 20 x 2 mm welche die äußere Wicklung der Beschleunigerstruktur bilden. Die einzelnen Kupferstreifen sind durch eingelegte Polyimidfolie von einander isoliert und werden durch GFK-Streifen in der Position fixiert.Die nötige Steifheit der Struktur wird durch zwei äußere Aluwinkel erreicht. Zusammen gehalten werden die einzelnen Teile mit Gewindestiften. Die Kontaktierung erfolgt durch Presskontakte sodass die inneren Kupferschienen leicht ausgewechselt werden können.
Die Geschosse für die Railgun sind kritisch. Zum Einen sollen sie im Lauf gut gleiten und zum Anderen aber einen sehr guten Kontakt zwischen den Stromschienen machen.Gut bewährt haben sich Geschosse aus stabilem Isoliermaterial mit einem Strompfad aus möglichst vielen, dünnen Kupferdrähten. Mit solchen Geschossen ist es möglich die unerwünschte, für die Schienen schädliche, Lichtbogenbildung zu verhindern.
Beide Geschosse bestehen aus GFK. Das linke ist geschlitzt und es wurde ein geflochtenes Erdungsband aus Kupfer eingelegt. Im rechten Geschoss sind zwei Löcher gebohrt durch die weiche Kupferlitze gezogen wurde.

Ein erster Schuss (200V) erreichte nur eine niedrige Geschwindigkeit. Das Geschoss legte in 500µs nur knapp 2cm zurück was einer Geschwindigkeit von 40m/s entspricht. Allerdings war auch ein starker Funkenflug zu sehen was auf schlechte Kontakte hinweist.

 
         
Nr Spannung Strom V0  
         
1 200 V ? 40 m/s Mündungsflamme
2 250 V 19 kA 29 m/s  
3 300 V ? 56 m/s  
4 300 V ? 41 m/s  
5 300 V ? 50 m/s

Lauf 10cm Mündungsflamme,

6 350 V ? 82 m/s Lauf 10 cm Mündungsflamme,
7 300 V 19 kA ? Lauf 10 cm, Mündungsflamme, keine V0 Messung
8 300 V 25 kA ? Lauf 10 cm, Mündungsflamme, keine V0 Messung
9 300 V 22 kA 80 m/s Lauf 6 cm
10 300 V 23 kA 61 m/s Lauf 6 cm, Mündungsflame, Restspannung 50V
         
Das bei allen Schüssen verwendete Geschoss hat ein Gewicht von 3,5g. Zusammen mit der Beschleunigungszeit und der Geschwindigkeit lässt sich leicht die antreibende Lorenzkraft ausrechnen.Die Beschleunigungszeit ist auf keine Fall großer als die Zeitdauer des Strompulses die hier ungefähr eine halbe Millisekunde beträgt. Auch die maximale Geschwindigkeit ist sicher nicht kleiner sondern eher größer als die Geschwindigkeit die nach einer Strecke von etwa 20cm gemessen wird. Beim sechsten Schuss (82 m/s) beträgt die Beschleunigung mindestens 164000 m/s2 und somit die Kraft mindestens 574 N, nicht eben wenig.
Was die Messung auch zeigt ist die sehr kurze Beschleunigungszeit die weniger als eine Millisekunde beträgt, die daraus errechnete Beschleunigungsstrecke beträgt etwa 20 mm. Nach dieser Strecke hat das Geschoss schon seine Endgeschwindigkeit, danach wird es durch die Reibung an den Schienen nur noch gebremst. Das heisst dass die Schienen für die verwendete Kapazität von 87200 µF eigentlich viel zu lang sind. Aus diesem Grund wurde die Startposition des Geschosses ab dem fünften Schuss zur Mündung hin verlagert
2. Railgun mit Plasmaarmatur  
Die Plasmagun ist einfacher aufgebaut ( >siehe auch< )und hat nur zwei Schienen aus 4-Kant Material. Die Stäbe aus Kupferprofil 10x10 mm im Abstand von 10 mm sind 20 cm lang. Sie werden zwischen zwei Platten aus GFK geschraubt.
Für die verwendete Geschosse wurden verschiedene Materialien getestet. Die Form war immer gleich, ein Würfel von 10x10x10 mm. Über das hintere Ende wird ein Stück Alufolie geklebt. Die Alufolie bildet einen Kurzschluss zwischen den Schienen. Wird mit dem Ignitron Spannung an die Schienen gelegt verdampft das Alu durch den hohen fliessenden Strom und bildet ein Plasma.
Die Plasmagun mit entfernter oberer GFK-Platte
Das Plasma wird durch das Magnetfeld zwischen den Schienen zur Mündung beschleunigt und treibt das Geschoss vor sich her. Durch den den hinteren Abschluss entsteht durch die sich ausdehnenden heißen Gase ein zusätzlicher Vortrieb.
Links ein Geschoss aus Plexiglas. Obwohl Plexiglas zum Spilttern neigt kann ein Geschoss mehrmals verwendet werden, sofern man es nach dem Schuss wieder findet. Hier hat sich ein Kugelfang aus einem Holzbrett und einigen Lagen Wellpappe davor gut bewährt. Natürlich muss immer eine neue Alufolie aufgeklebt werden.
Zum Laden wird die obere GFK-Abdeckung abgeschraubt, das Geschoss eingelegt und mit dem Durchgangsmesser geprüft ob durch die Alufolie eine leitende Verbindung zwischen den Schienen besteht.
Zugegeben eine etwas umständliche Prozedur aber für die Demonstration müssen keine schnellen Schussfolgen erreicht werden. Unten rechts ein Schuss der Plasmagun mit 200V Ladespannung, somit etwa 33% der vollen Energie.
Die Geschwindigkeit des Geschosses wird mit einem >Kurzzeitblitz< bestimmt. Gezündet wird der Blitz über einen mäanderförmig auf einen Plexiglasrahmen aufgespannten Draht. Wird der Draht vom Geschoss durchtrennt zündet nach einer gewissen Verzögerung der Blitz. Aus der Flugstrecke und der Verzögerung läßt sich dann die Geschwindigkeit bestimmen. Wegen dem hellen Mündungsblitz ist der Kontrast recht schlecht aber trotzdem ist das Geschoss (im roten Kreis) gut erkennbar. Auch für diesen Schuß wurde die Kondensatorbank auf 200V geladen und das Geschoss erreicht eine Geschwindigkeit von 170 m/s. Eine höhere Aufladung größer 33% wurde nicht getestet. Die Schüsse sind so schon extrem laut.  
   
 
3. Elektrothermischer Beschleuniger  
Bei der elektrothermischen Beschleunigung ist kein Magnetfeld im Spiel. Die Antriebskraft für das Geschoss resultiert aus dem hohen Gasdruck der durch die Plasmaentladung erzeugt wird. Der Druck kann sehr hohe Werte erreichen und treibt so das Projektil aus dem Lauf.
Der hohe Druck muss bei der Konstruktion berücksichtigt werden. Ansonsten ist der Aufbau sehr einfach. Der Körper besteht aus einem POM-Zylinder dessen zentrale Bohrung die Entladungskammer ist. Die Entladeelektrode und der Lauf begrenzen die Kammer auf beiden Seiten. Zwei Aluscheiben halten die Konstruktion mit Hilfe von Gewindestangen zusammen.
Ein äußeres Stahlrohr dient zum Schutz falls der Kunststoffkörper brechen sollte.Zum Laden wird die vordere Aluscheiben abgeschraubt, der Lauf entnommen, das Geschoss in den Lauf gesetzt und etwas Alufolie in die Entladekammer plaziert und das Ganze wieder zusammengeschraubt. Hat der Lauf eine Bohrung von 4,5 mm kann handelsübliche Luftgewehrmunition verwendet werden.
Besonders die sogenannten ZAPs, Kunststoffgeschosse eignen sich sehr gut. Durch ihr geringes Gewicht von 0,07g können sie hohe Geschwindigkeiten erreichen und sind doch relativ ungefährlich

Ein kurzer Film mit 200 Bildern/Sekunde zeigt auch das viele glühende Metalltropfen den Lauf verlassen und man deshalb für die Versuche eine feuersichere Umgebung wählen sollte. Der elektrothermische Beschleuniger hat eine extreme Mündungsflame die eine fotografische Aufnahme des fliegenden Geschosses unmöglicht macht.
Zur Geschwindigkeitsmessung wurden deshalb andere Wege beschritten. Aus der Ballistik sind Blöcke aus Gelatine oder Seife bekannt in die geschossen wird und anhand der Eindringstiefe die Energie und damit die Geschwindigkeit des Geschosses zu bestimmen. Nun braucht man nicht gleich teure zertifizierte Produkte zu kaufen, ein Stück Seife tut's auch am Besten eignet sich sogenannte Glyzerinseife die etwas durchscheinend ist. Die Festigkeit der Seife ist etwas temperaturabhängig deswegen sollte man den Referenzschuss mit der Luftpistole und den Messschuss kurz nacheinander abgeben.

 
Zuerst wurde auf fotografischem Weg die Geschwindigkeit eines ZAPs mit der Luftpistole gemessen. Der Wert beträgt 290m/s. Dann wurde mit der Luftpistole und der ETG auf das Seifenstück geschossen.
Man sieht rechts das beide Geschosse etwa gleich tief eindringen. Allerdings ist das ETG-Geschoss im Gegensatz zum Luftpistolengeschoss halb quer eingeschlagen und hat auch einen viel größeren Krater verursacht. Man kann sicher sagen dass die Geschwingkeit des ETG-Geschosses mindestens so groß war wie des Geschosses der Luftpistole.
Eine weitere Methode zur Geschwindigkeitmessung ist wesentlich genauer aber etwas umständlicher. Dazu wurde der oben genannte Drahtrahmen verwendet, in zweifacher Ausfertigung. Die Signale beider Rahmen werden im Speicheroszi angeschaut,so erhält man die Flugzeit des Geschosses zwischen den Rahmen und aus dem Abstand der Rahmen direkt die Geschwindigkeit. Die Methode ist störarm und wird weder durch die Druckwelle noch durch den Mündungsblitz beeinträchtigt. Der Nachteil ist dass der Draht nach jeder Messung neu aufgespannt werden muss.
Die Messung rechts zeigt die wahre Geschwindigkeit der ETG. Für eine Flugstrecke von 12 cm benötigt das Geschoss 256 µs. Die daraus berechnete Geschwindigkeit beträgt 469 m/s. Der mit der Rogowskispule gemessene Strompuls beträgt um die 4500 Ampere und dauert ca. 650µs. Wie bei der Railgun mit Plasmaarmatur wird nur ein kleiner Teil der in der Bank gespeicherten Energie umgesetzt.
Die Ladespannung betrug 200V und nach dem Schuss war die Spannung nur auf 150V gesunken. Daraus könnte man folgern dass bei Beschleunigern mit Plasma eine deutlich höhere Kondensatorspannung wirksamer wäre weil bei niedrigeren Spannung das Plasma schnell zum Erlöschen kommt.
   
 
 

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